Fragen & Antworten rund um das Thema "Praktikum" 
                                           Absolventen und Berufsumsteiger, ALG I und ALG II

Arbeitsverhältnis und Praktikum: Was ist der Unterschied?

Ein Praktikum dient dazu, Personen berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen zu vermitteln. Steht nicht die Vermittlung praktischer Erfahrungen und Kenntnisse im Vordergrund, sondern die Erbringung von Arbeitsleistungen, handelt es sich nicht um ein "Praktikum", sondern um ein Arbeitsverhältnis.

Der "Praktikant" ist dann in Wahrheit Arbeitnehmer und hat Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Dies gilt in einem solchen Fall übrigens auch, wenn ein Vertrag abgeschlossen wurde, der die Bezeichnung "Praktikum" trägt.

Dürfen/müssen Praktikanten auch an Samstagen sowie Sonn- und Feiertagen arbeiten?

Grundsätzlich dürfen Arbeitnehmer und damit auch Praktikantinnen/Praktikanten an Sonn- und Feiertagen nicht beschäftigt werden (siehe § 9 Abs. 1 ArbZG). Die 16 Ausnahmemöglichkeiten von dieser Regelung betreffen im Wesentlichen die "klassischen Bereiche" von Sonn- und Feiertagsarbeit (insbesondere Feuerwehr, Krankenhaus, Gaststätten, Unterhaltung, Sport, Funk und Fernsehen, Messen und Ausstellungen usw. - siehe § 10 Abs. 1 ArbZG).

Werden erwachsene Praktikantinnen/Praktikanten an einem Sonn- oder Feiertag beschäftigt, müssen sie einen Ersatzruhetag haben. Der Ersatzruhetag muss bei Sonntagsarbeit innerhalb eines Zeitraums von zwei, bei Feiertagsarbeit innerhalb von acht Wochen gewährt werden (siehe § 11 Abs. 3 ArbZG). Mindestens 15 Sonntage im Jahr müssen beschäftigungsfrei bleiben (siehe § 11 Abs. 1 ArbZG).

Dürfen Praktikanten auch Nachts eingesetzt werden?

Für erwachsene Praktikantinnen/Praktikanten ist Nachtarbeit im Rahmen der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes zulässig. Die Arbeit zwischen 23 und 6 Uhr (in Bäckereien zwischen 22 und 5 Uhr) darf grundsätzlich 8 Stunden nicht überschreiten; eine Verlängerung auf 10 Stunden täglich ist innerhalb eines Kalendermonats bzw. 4 Wochen auf durchschnittlich 8 Stunden auszugleichen (siehe § 6 Abs. 2 ArbZG).

Haben Praktikanten Anspruch auf ein Zeugnis?

Für Absolventen einer Ausbildung oder eines Studiums sowie für Berufsumsteiger gilt in der Regel: Ja, denn es handelt es sich um ein Rechtsverhältnis, in dem der Erwerb beruflicher Kenntnisse im Vordergrund steht. Der Anspruch auf ein schriftlichen Zeugnis entsteht grundsätzlich bei Beendigung des Praktikums (siehe §§ 26, 16 Berufsbildungsgesetz).

Ist der "Praktikant" tatsächlich Arbeitnehmer, so hat er als Arbeitnehmer Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis (siehe § 109 Gewerbeordnung).

Haben Praktikanten Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall?

Handelt es sich um ein Rechtsverhältnis, in dem der Erwerb beruflicher Kenntnisse im Vordergrund steht, und besteht deshalb ein Anspruch auf angemessene Vergütung, hat die Praktikantin/der Praktikant grundsätzlich Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall (siehe §§ 26, 19 Berufsbildungsgesetz, Entgeltfortzahlungsgesetz).

Ist der "Praktikant" tatsächlich Arbeitnehmer, so hat er wie jeder Arbeitnehmer Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung unter den Voraussetzungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes.

Haben Praktikanten Anspruch auf Urlaub?

Handelt es sich um ein Rechtsverhältnis, in dem der Erwerb beruflicher Kenntnisse im Vordergrund steht, haben auch Praktikantinnen und Praktikanten Anspruch auf jährlichen Erholungsurlaub von mindestens vier Wochen nach dem Bundesurlaubsgesetz (siehe §§ 26, 10 Abs. 2 BBiG, §§ 1,3 Bundesurlaubsgesetz).

Ist der "Praktikant" tatsächlich Arbeitnehmer, so hat er wie jeder Arbeitnehmer Anspruch auf jährlichen Erholungsurlaub von mindestens vier Wochen nach dem Bundesurlaubsgesetz (siehe §§ 1, 3 BUrlG).

Haben Praktikanten Anspruch auf Zahlung einer Vergütung?

Handelt es um ein Rechtsverhältnis, in dem der Erwerb beruflicher Kenntnisse im Vor-dergrund steht, besteht ein gesetzlicher Anspruch auf angemessene Vergütung (Link: §§ 26, 17 Berufsbildungsgesetz). Dies gilt für Praktika von Absolventen einer Ausbildung oder eines Studiums sowie übrigens auch für Praktika, die freiwillig und zusätzlich zur Ausbildung oder zu einem Studium absolviert werden.

Wird das Rechtsverhältnis zwar als "Praktikum" bezeichnet, tatsächlich aber eine Ar-beitsleistung erbracht, so hat der "Praktikant" als Arbeitnehmer grundsätzlich einen An-spruch auf eine Vergütung (siehe § 611 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB). Das ist im Zweifel die übliche Vergütung eines vergleichbaren Arbeitnehmers (siehe § 612 BGB). Üblich ist die Vergütung, mit der entweder eine im Betrieb vergleichbare Tätigkeit vergütet wird, oder eine, die in einem vergleichbaren Betrieb an dem selben Ort oder im nächstgelegenen Ort für eine vergleichbare Tätigkeit bezahlt wird.

Haben Praktikanten in der Zeit eines Praktikums Anspruch auf Arbeitslosengeld?

Für Arbeitslose, die ALG I beziehen, und für von Arbeitslosigkeit bedrohte Personen besteht grundsätzlich die Möglichkeit, ein Praktikum als Trainingsmaßnahme durch die zuständige Arbeitsagentur fördern zu lassen. Wichtig ist, sich vorher mit seinem zuständigen Vermittler / Berater darüber zu verständigen.

Eine solche Trainingsmaßnahme sollte zur Verbesserung der Eingliederungsaussichten des / der Arbeitslosen beitragen. Dies ist der Fall, wenn die Tätigkeit oder Maßnahme

      1. geeignet und angemessen ist, die Eingliederungsaussichten zu verbessern und 
      2.
auf Vorschlag oder mit Einwilligung der Agentur für Arbeit erfolgt 
          (siehe § 46 SGB III,  Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung)

ALG II-Bezieher

Ob während eines Praktikums Leistungen zum Lebensunterhalt (Arbeitslosengeld II) gezahlt werden können oder nicht, muss mit dem jeweiligen persönlichen Ansprechpartner (Fallmanager) geklärt werden. Auf jeden Fall sollte mit diesem vor der Aufnahme eines Praktikums das Gespräch gesucht werden.

Eine Zahlung von Arbeitslosengeld II ist prinzipiell möglich, wenn ein unbezahltes Praktikum absolviert wird. So kann in einer Eingliederungsvereinbarung vereinbart werden, dass während der Teilnahme an einem unbezahlten Praktikum keine weiteren Eingliederungsbemühungen notwendig sind - damit kann das Arbeitslosengeld weiter gezahlt werden. Die letztendliche Entscheidung trifft der zuständige Ansprechpartner.

Ist ein Praktikum sozialversicherungspflichtig? Wann müssen Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge gezahlt werden?

Für die Sozialversicherung gilt der Grundsatz, dass sich die Versicherungspflicht kraft Gesetzes oder Versicherungsfreiheit einer Beschäftigung allein aus den tatsächlichen Verhältnissen des Beschäftigungsverhältnisses ableitet und nicht aus den schriftlichen Vereinbarungen der Parteien.

Allein die Bezeichnung einer Beschäftigung als Praktikum reicht nicht aus, um die damit verbundenen versicherungsrechtlichen Entscheidungen zu beeinflussen. Ob eine Beschäftigung im jeweiligen Zweig der Sozialversicherung versicherungspflichtig ist oder nicht, richtet sich ausschließlich nach den Voraussetzungen in den einzelnen Versicherungszweigen. Grundsätzlich gilt, dass ein Praktikum, welches nicht zwingend in einer Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschrieben ist, sozialversicherungsrechtlich nicht als Praktikum, sondern als versicherungspflichtige oder ggf. versicherungsfreie, weil geringfügig entlohnte Beschäftigung zu betrachten ist.

Für den Bereich der Arbeitslosenversicherung sind alle Studierenden an einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule versicherungsfrei. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass alle Praktika, die nach dem Bildungsabschluss begonnen werden, versicherungspflichtig sind.

In der Kranken- und Pflegeversicherung sind Praktikanten, die kein Arbeitsentgelt erhalten, grundsätzlich versicherungspflichtig,

  • wenn das Praktikum in der Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschrieben ist;
  • wenn nicht eine andere Versicherung z.B. im Rahmen der Familienversicherung vorliegt,
  • oder wenn der Lebenspartner oder ein Kind dadurch familienversichert wird.

Es gelten besondere beitragsrechtliche Vorschriften eines pauschalen Beitrags.

Ob die Voraussetzungen für eine beitragsfreie Beschäftigung in einem zur Ausbildung gehörenden Praktikum gegeben sind, hat der Arbeitgeber in seinen Entgeltunterlagen nachzuweisen. Dies wird im Rahmen der Feststellung der Versicherungspflicht bei Anmeldung der Beschäftigung und bei der Betriebsprüfung kontrolliert.

Wird für die Beschäftigung während des Praktikums ein Entgelt gezahlt, unterliegt dieses der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherungspflicht. Wird für das Praktikum jedoch kein Arbeitsentgelt gezahlt, ist das Praktikum schon wegen der fehlenden Beitragsbemessungsgrundlage für die Sozialversicherung unerheblich. Es besteht keine Beitragspflicht zur Sozialversicherung.

Wird das Rechtsverhältnis zwar als "Praktikum" bezeichnet, tatsächlich aber eine Arbeitsleistung erbracht und hat der "Praktikant" als Arbeitnehmer grundsätzlich Anspruch auf Vergütung, gilt das tatsächlich zu zahlende Arbeitsentgelt für die Sozialversicherungsbeiträge in voller Höhe, unabhängig davon, ob der "Praktikant" dieses auch tatsächlich ausgezahlt bekommt. Sofern ein bösartiges bzw. mutwilliges Vorgehen des Arbeitgebers vorliegt, macht sich dieser wegen Vorenthalten von Sozialversicherungsbeträgen sogar strafbar und muss mit entsprechenden Konsequenzen rechnen.

Kann man einen Anspruch auf Vergütung auch noch einklagen, wenn das Praktikum bereits beendet ist?

Wenn festgestellt wird, dass in Wirklichkeit ein Arbeitsverhältnis vorlag, kann man einen Anspruch auf Vergütung (siehe § 611 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) auch nach Beendigung der Tätigkeit unter Beachtung von tariflichen Verfallfristen einklagen.

Können Praktikumszeiten bei einer späteren Einstellung auf die Probezeit angerechnet werden?

Dient ein Praktikum nur dem Kennenlernen des Berufslebens und ist es Teil der Schulaus­bildung oder des Studiums, ist eine Anrechnung nicht möglich, da es sich in diesen Fällen um einen Teil der Schulausbildung oder des Studiums handelt.

Handelt es sich um ein Rechtsverhältnis, in dem der Erwerb beruflicher Kenntnisse im Vordergrund steht, und wird es unmittelbar vor Beginn der Beschäftigung durchgeführt, erfolgt eine Anrechnung der Praktikumszeit auf die Probezeit, wenn dies einzelvertraglich vereinbart wird oder aufgrund einschlägiger tarifvertraglicher Bestimmungen vorgeschrieben ist.

Quelle:

http://www.bmas.de/coremedia/generator/24534/fragen__und__antworten__absolventen__01.html



Sind vertragliche Vereinbarungen für die Ableistung eines Praktikums erforderlich? Muss der Vertrag schriftlich erfolgen?

Für Absolventen und Berufsumsteiger gilt in der Regel: Ja, denn es handelt es sich um ein Rechtsverhältnis, in dem der Erwerb beruflicher Kenntnisse im Vordergrund steht. In diesem Fall ist ein Praktikumsvertrag erforderlich (siehe §§ 26, 10 Berufsbildungsgesetz-BBiG). Der Vertrag zwischen dem Praktikanten und dem Unternehmen kann mündlich oder schriftlich abgeschlossen werden. Bei einer schriftlichen Abfassung sollten mindestens folgende Angaben festgehalten werden:

  • Art der Berufsausbildung (in diesem Falle "Praktikum") sowie deren sachliche und zeitliche Gliederung der Berufsausbildung

  • Ziel des Praktikums, insbesondere die Berufstätigkeit, für die ausgebildet werden soll,

  • Beginn und Dauer des Praktikums,

  • Zahlung und Höhe der Vergütung,

  • Dauer des Urlaubs (siehe §§ 26, 11 BBiG).

Der Praktikant hat Anspruch auf eine schriftliche Niederlegung der wesentlichen Inhalte des Vertrags, kann auf diesen Anspruch jedoch verzichten (siehe § 26 BBiG).

Wird das Rechtsverhältnis zwar als "Praktikum" bezeichnet, tatsächlich aber eine Ar-beitsleistung erbracht, gelten die Regelungen, die auf alle Arbeitnehmer anzuwenden sind. Der Vertrag kann mündlich oder schriftlich abgeschlossen werden. Wird er mündlich abgeschlossen, müssen die wesentlichen Vertragsbedingungen spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des "Praktikums" schriftlich niedergelegt und an den Arbeitnehmer ausgehändigt werden (siehe § 2 Nachweisgesetz).

Was ist bei der Zeugniserteilung zu beachten?

Handelt es sich um Rechtsverhältnisse, in dem der Erwerb beruflicher Kenntnisse im Vordergrund steht, muss das Zeugnis Angaben über Art, Dauer und Ziel des Praktikums sowie über die erworbenen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten der Praktikanten enthalten. Auf Verlangen der Praktikanten sind auch Angaben über Verhalten und Leistung aufzunehmen (siehe §§ 26, 16 Berufsbildungsgesetz).

Ist der "Praktikant" tatsächlich Arbeitnehmer, muss das Zeugnis mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken (siehe § 109 Gewerbeordnung).

Es gibt keine gesetzlich vorgeschriebene Zeugnissprache. Für alle Zeugnisse gelten nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitgerichts allerdings folgende Grundsätze:

  • Ein Zeugnis muss schriftlich ausgestellt werden. Die Erteilung eines Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen.
  • Ein Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein.
  • Ein Zeugnis muss richtig, d. h. die Auskünfte des Zeugnisausstellers müssen der Wahrheit entsprechen, und wohlwollend sein.

Weitere Ausführungen zum Zeugnisrecht, insbesondere auch zur "Zeugnissprache", sind der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte und der einschlägigen Literatur sowie entsprechender Internetangebote zu entnehmen.

Was ist ein Praktikum und welche Arten von Praktika gibt es?

Hinter der Bezeichnung "Praktikum" können sich verschiedene Rechtsverhältnisse verbergen. Grundsätzlich sind zwei Arten zu unterscheiden:

  1. Rechtsverhältnisse (Praktika), die nur zum Kennenlernen des Berufslebens dienen. Dies betrifft alle zwingend im Rahmen einer Schul- oder anderweitigen Ausbildung oder eines Studiums vorgesehenen Praktika. Die genauen Bestimmungen zur Ausgestaltung solcher Praktika ergeben sich aus der jeweiligen Ausbildungs- bzw. Studienordnung.

  2. Rechtsverhältnisse (Praktika), in denen nicht die Arbeitsleistung, sondern der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Vordergrund steht, ohne dass es sich um eine Berufsausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz handelt (siehe § 26 Berufsbildungsgesetz). Dies betrifft Praktika, die freiwillig und zusätzlich neben der Schule, der Ausbildung oder dem Studium absolviert werden, sowie Praktika von Personen, die eine Ausbildung oder ein Studium abgeschlossen haben.

Für Personen, die eine Ausbildung oder ein Studium absolviert haben oder sich beruflich neu orientieren, dürften in der Regel Praktika der zweiten Kategorie sowie das entsprechende Rechtsverhältnis zum Tragen kommen.

Was können Praktikanten gegen ihrer Meinung nach ungerechtfertigte schlechte Praktikumszeugnisse unternehmen?

Ein erster Schritt ist, das Praktikumszeugnis genau zu analysieren - eventuell mit einem Career Center der ehemaligen Hochschule oder einem Berater der örtlichen Arbeitsagentur. Danach sollte das Gespräch mit dem Personalbüro des Unternehmens gesucht werden. Oft lassen sich Missverständnisse ausräumen. Wenn es nicht klappt: Eventuell helfen Betriebsräte oder andere Interessensvertretungen weiter. Auch der Klageweg steht offen, wenn Anspruch auf ein Zeugnis besteht.

Welche Arbeitszeitregelungen gelten für Praktikanten?

Die zu leistende Arbeitszeit einer Praktikantin/eines Praktikanten ist gesetzlich nicht geregelt. Die Arbeitszeit wird wie die übrigen Vertragsbedingungen grundsätzlich durch Praktikantenvertrag bestimmt. Soweit kein schriftlicher Vertrag vorliegt, ist die vereinbarte Arbeitszeit der vom Arbeitgeber erstellten Niederschrift zu entnehmen. Liegt keine Niederschrift vor, gilt die betriebsübliche Arbeitszeit als vereinbart.

Die gesetzlichen, öffentlich-rechtlichen Arbeitszeit-Schutzvorschriften beschränken jedoch die Freiheit der Vertragspartner zur Festlegung der Arbeitszeit. Soweit vertragliche Vereinbarungen diesen Arbeitszeit-Schutzvorschriften entgegenstehen, sind sie unwirksam, wobei die übrigen Vertragsbestimmungen aufrechterhalten bleiben.

Die Wochenhöchstarbeitszeit für Erwachsene beträgt nach dem Arbeitszeitgesetz 48 Stunden. Überschreitungen sind möglich, wenn sie innerhalb eines bestimmten Zeitraums wieder ausgeglichen werden. Das deutsche Arbeitszeitgesetz sieht hierfür einen Zeitraum von 6 Kalendermonaten oder 24 Wochen vor (bei Nachtarbeitnehmern 1 Kalendermonat oder 4 Wochen) und gestattet die Erweiterung auf ein Jahr lediglich im Wege einer Öffnungsklausel für Tarifverträge.

Welche Pausen und Ruhezeiten sind einzuhalten?

Die Arbeit von erwachsenen Praktikantinnen/Praktikanten ist durch im Voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit über 6 Stunden und bei einer Arbeitszeit über 9 Stunden von mindestens 45 Minuten zu unterbrechen. Eine Ruhepause muss mindestens 15 Minuten dauern (siehe § 4 Arbeitszeitgesetz-ArbZG).

Die ununterbrochene Ruhezeit nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit muss für erwachsene Praktikantinnen/Praktikanten mindestens 11 Stunden betragen. In bestimmten Branchen kann die Ruhezeit um eine Stunde verkürzt werden, wenn die Verkürzung innerhalb eines Kalendermonats oder vier Wochen durch Verlängerung einer anderen Ruhezeit auf mindestens 12 Stunden ausgeglichen wird (siehe § 5 Abs. 1 und 2 ArbZG).

Welche Rechte und Pflichten haben Praktikanten?

Handelt es sich um ein Rechtsverhältnis, in dem der Erwerb beruflicher Kenntnisse im Vordergrund steht, ergeben sich die Rechte und Pflichten aus dem zugrundeliegenden Vertrag und z. T. aus den Bestimmungen des Berufsbildungsgesetzes (siehe § 26 Berufsbildungsgesetz-BBiG) sowie aus dem zwischen Praktikanten und Arbeitgeber abgeschlossenen Vertrag (siehe § 10 Abs. 2 BBiG).

Wird das Rechtsverhältnis zwar als "Praktikum" bezeichnet, tatsächlich aber eine Arbeitsleistung erbracht, gelten die Regelungen (Gesetze, Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen), die auf vergleichbare Arbeitnehmer anzuwenden sind.

Welche Rechtsschutz- und Beratungsmöglichkeiten haben Praktikanten?

Bei Rechtsstreitigkeiten im Rahmen des Praktikums sind grundsätzlich die Arbeitsgerichte zuständig.

Bevor Praktikantinnen/Praktikanten diesen Weg beschreiten, sollten sie sich um eine gütliche Einigung mit dem Arbeitgeber (Ausbilder) bemühen und versuchen, Missverständnisse auszuräumen. Es sollte auch versucht werden, eine Interessenvertretung, z.B. den jeweiligen Betriebsrat, einzuschalten. Diese können im Rahmen ihrer Sprechstunde informieren und beraten. Darüber hinaus ist auf Folgendes hinzuweisen:

  • Bei jedem Arbeitsgericht gibt es Rechtsantragsstellen. Dort helfen sachkundige Beamte bei der Aufsetzung eventueller Klagen und der Beantwortung hiermit zusammenhängender Fragen. Die Beamten sind allerdings keine Rechtsberater.
  • Das auch für arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen geltende Beratungshilfegesetz sieht unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere bei fehlenden finanziellen Mitteln, eine im Wesentlichen unentgeltliche Rechtsberatung vor. Anzusprechen ist zunächst das zuständige Amtsgericht. Dort gibt es entweder direkte Beratungshilfe oder es wird ein Berechtigungsschein ausgestellt, mit dem der Auskunft Suchende einen Rechtsanwalt eigener Wahl aufsuchen kann. Es ist aber auch möglich, einen Rechtsanwalt unmittelbar aufzusuchen, der dann nachträglich einen Antrag auf Bewilligung der Beratungshilfe stellt. Zur Beratungshilfe ist grundsätzlich jeder Rechtsanwalt verpflichtet.

  • Gewerkschaften beraten gemäß ihrer Satzung ihre Mitglieder in allen arbeitsrechtlichen Fragen kostenlos.

  • Für jeden Bürger besteht zudem jederzeit die Möglichkeit, kostenpflichtigen Rechtsrat durch Rechtsanwälte einzuholen.

Diese Ansprechpartner können zum Beispiel helfen, wenn man einen etwaig vorhandenen Anspruch auf Vergütung einklagen möchte. Übrigens: Diese Auseinandersetzung darf natürlich keine Auswirkung auf die Formulierungen im Zeugnis haben.

Wo finden sich Informationen zu Praktika im Ausland?

Im Internet gibt es zahlreiche Praktikabörsen und Austauschprogramme auch für das Ausland. Die Bundesagentur für Arbeit hat einen eigenen Europaservice mit umfassenden Informationen beispielsweise zu Bewerbungen und Auswahlformalitäten im Ausland, zu Kosten oder Stipendienprogrammen

Woran erkennt man und wie lässt sich beweisen, dass es sich bei einem Praktikumsverhältnis in Wirklichkeit um ein Arbeitsverhältnis handelt?

Ob es sich bei einem Praktikum in Wirklichkeit um ein Arbeitsverhältnis handelt, lässt sich nicht pauschal beurteilen. Hier ist immer eine Prüfung des jeweiligen Einzelfalles nötig. Dabei kommt es nicht auf die Bezeichnung im Vertrag, sondern auf die tatsächliche Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses an. Wenn es Hinweise darauf gibt, dass nicht das Lernen beruflicher Fähigkeiten und Fertigkeiten, sondern die Erbringung von Arbeitsleistung im Vordergrund steht, kann man den Rechtsweg beschreiten.

Wird das Rechtsverhältnis zwar als "Praktikum" bezeichnet, tatsächlich aber eine Arbeitsleistung erbracht, so hat der "Praktikant" als Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf Vergütung (siehe § 611 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB). Deren Höhe bemisst sich im Zweifelsfall an der üblichen Vergütung eines vergleichbaren Arbeitnehmers (siehe § 612 BGB). Vergleichbar ist die Vergütung eines Arbeitnehmers, der im selben Betrieb oder aber in einem vergleichbaren Betrieb am selben oder nächstgelegenen Ort eine vergleichbare Tätigkeit ausübt.

Wozu dient ein Praktikum?

Auch für Personen, die bereits ein Studium oder eine Ausbildung abgeschlossen haben, kann ein Praktikum ein sinnvoller Schritt im Verlauf des Berufslebens sein. Zum Beispiel, wenn im Rahmen des Praktikums Fähigkeiten und Fertigkeiten erlernt werden sollen, die während der Ausbildung oder dem Studium nicht vermittelt wurden, oder aber auch, wenn - aus einer Arbeitslosigkeit heraus oder bei drohender Arbeitslosigkeit - eine berufliche Neuorientierung ansteht.

Angehende Praktikanten mit einer abgeschlossenen Ausbildung / einem abgeschlossenen Studium sollten sich jedoch bewusst machen, dass sie bereits eine anerkannte Berufsqualifikation erworben haben. Der Status "Praktikant" und eine möglicherweise geringe oder fehlende Vergütung sollten nur in Kauf genommen werden, wenn das Praktikum tatsächlich der Weiterentwicklung der eigenen Qualifikation dient. Wer nach einem Vorgespräch mit dem künftigen Arbeitgeber den Eindruck hat, vor allem als kostengünstige Arbeitskraft eingesetzt zu werden, sollte sich auf einen solchen Handel nicht einlassen.

Auch wenn es Berufseinsteiger zurzeit nicht leicht haben - eine Aneinanderreihung unbezahlter Praktika ist keine Zierde im Lebenslauf und signalisiert letztlich, das jemand bereit ist, sich unter Wert zu verkaufen. Alternativ sollte zusammen mit dem künftigen Arbeitgeber die Möglichkeit geprüft werden, statt einem Praktikumsvertrag einen zeitlich befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen.

Quelle:
http://www.bmas.de/coremedia/generator/24536/fragen__und__antworten__absolventen__02.html